Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet zu prüfen, wie Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafrechts geregelt werden können. Die von der Bundesregierung dazu eingesetzte Kommission hat jetzt weitreichende Vorschläge vorgelegt, die im Widerspruch zur geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehen, denn die Selbstbestimmung der Frau und das Lebensrecht des Kindes sind gleichwertige Rechtsgüter.
Werdendes Leben steht bereits von der Verschmelzung der Ei- und Samenzelle über die Einnistung in der Gebärmutter bis zur Geburt des Kindes unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Spätestens mit der Einnistung des Embryos in der Gebärmutter ist das ungeborene Leben unmittelbar mit der Frau verbunden. Sein Schutz kann nur mit ihr und nicht gegen sie durchgesetzt werden. In letzter Konsequenz entscheidet immer die Frau, ob sie ihr Kind austrägt oder nicht.
Für den Schwangerschaftskonfliktfall hat Deutschland eine verfassungsgemäße und mittlerweile über Jahrzehnte bewährte gesetzliche Regelung gefunden:
Ein Straftatbestand ist bis zur 12. vollendeten Schwangerschaftswoche nach der Empfängnis nicht verwirklicht, wenn die Frau zuvor eine entsprechende gesetzlich verpflichtende Beratung in Anspruch genommen hat und der Abbruch durch einen Arzt vorgenommen wird.
Ein Abbruch ist nicht rechtswidrig, wenn unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands für die Frau nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann oder im entsprechenden Zeitraum eine Vergewaltigung stattgefunden hat bzw. ursächlich für die ungewollte Schwangerschaft ist.
Bis zur vollendeten 22. Schwangerschaftswoche ist ein Abbruch nach Beratung zwar rechtswidrig, die Schwangere bleibt aber straffrei.
Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu etwa 100.000 Schwangerschaftsabbrüchen, die nach einer Beratung und einer Wartezeit im zulässigen Zeitraum durchgeführt werden. Ein Strafverfahren gegen Schwangere wegen einer Verletzung des § 218 StGB gab es zuletzt im Jahr 2009. Von einer „Kriminalisierung“ ungewollt schwangerer Frauen kann also nicht die Rede sein. Warum schürt die Ampel dennoch immer wieder Ängste, indem sie den Eindruck erweckt, bei Abtreibungen gerieten Frauen zwangsläufig mit dem Gesetz in Konflikt?
Wir haben im Gegenteil eine Gesetzgebung, die Frauen im Schwangerschaftskonflikt umfassend unterstützt. Es gibt ein bundesweites Netz an Beratungsstellen, die Frauen ergebnisoffen beraten und die erforderlichen Beratungsscheine ausstellen. Die Einhaltung der Wartezeit von drei Tagen trägt darüberhinaus dazu bei, dass die Entscheidung nicht übereilt getroffen wird und sie bietet Schutz vor unzulässigem Druck von Dritten, etwa dann, wenn Väter auf einer Abtreibung bestehen oder Angst vor materiellen Sorgen die Schwangerschaft überschatten. Aktuell berät der Deutsche Bundestag sogar, die Rechtslage zu sog. Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnern zu verschärfen.
Bei allen regionalen Unterschieden in Bezug auf die Bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten, Abtreibungen durchzuführen, kann jede Frau in einer zumutbaren Entfernung eine entsprechende Praxis erreichen. Auch die Sorge vor unzureichender medizinischer Versorgung ist unbegründet. Der Schwangerschaftsabbruch ist in der Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer ausdrücklich für die Weiterbildung für Frauenärztinnen und -ärzte verankert.
Frauen, die mit einer ungewollten Schwangerschaft konfrontiert sind, befinden sich in einem schweren Konflikt und ringen mit existenziellen Sorgen und Ängsten, Unsicherheit und Zweifeln. Sie brauchen deshalb vor allem Hilfe und Unterstützung, individuelle Beratung und verlässliche und gut zugängliche Informationen über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch wie über die Möglichkeiten und Wege, mit ihrem Kind zu leben.
Was sie sicher nicht brauchen, – denn dazu sind sie in einer zu ernsten Lage, – ist ein künstlich aufgebauter ideologischer Popanz. Wohin eine gezielte Polarisierung führt, können wir derzeit an der Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung und Spaltung der Gesellschaft in vielen anderen Ländern beobachten.
Was also treibt die Bundesregierung an, dieses Fass aufzumachen? Warum müssen mühsam gefundene Kompromisse, tragfähige Strukturen und bewährte Verfahren wieder in Frage gestellt, Brücken der Verständigung in der Gesellschaft wieder eingerissen und Grenzen verschoben werden? Auch ein vermeintlich parteipolitischer Vorteil ist dies nicht wert.
Ich stehe dafür jedenfalls nicht zur Verfügung. Die Unterstützung von Frauen bei einer ungewollten Schwangerschaft oder deren Verhinderung ist keine Frage von Ideologie. Feminismus lässt Frauen in existenziellen Lebenslagen nicht im Stich. Deshalb ist mein Ansatz ein anderer: Dass Frauen in diesen Konflikt geraten, darf beispielsweise nicht daran liegen, dass sie sich wirksame Verhütungsmittel nicht leisten oder sicher anwenden können. Darüber sollten wir reden. Auch über neue Wege. Aber es gibt keinen tatsächlich fundierten Grund für eine neu aufgelegte Debatte um den § 218 StGB.
Sie finden diesen Blogbeitrag der Vorsitzenden der CDU Deutschlands Annette Widmann-Mauz MdB und Beiträge zu anderen Themen auch hier